Hier der wichtige Hinweis, dass Sie bei Veränderungen der kranken Person bzw. bei neu auftretenden Symptomen unbedingt den Arzt, die SAPV (Spezialisierte ambulante Palliativ-Versorgung) oder den zuständigen Pflegedienst informieren sollten.
Haben Sie weitere Themen, über die Sie gerne Beiträge lesen würden? Dann schreiben Sie sie mir in die Kommentare. Vielen Dank!
Trinken ist lebenswichtig. Da wir zu einem großen Teil aus Wasser bestehen und wir täglich davon ausscheiden, muss für Nachschub gesorgt werden. Ein Mensch kann ohne zu Trinken ca. drei Tage überleben. Wenn er viel Wasser eingelagert hat, kann sich diese Zeit auch um mehrere Tage ausdehnen.
Dabei kann es durchaus sein, dass sich das Lieblingsgetränk ändert. Mir ist besonders aufgefallen, dass viele Leute, die vorher nie Cola tranken, plötzlich ganz wild darauf waren. Schwer zu sagen, ob es der süßsaure Geschmack oder die Kühle ist.
Bei Schuckbeschwerden
Problematisch ist, wenn sich jemand beim Trinken verschluckt. Das ist häufig dann der Fall, wenn der Schluckreflex nicht mehr richtig funktioniert und die Flüssigkeit schneller in den Rachen läuft, als der Kranke schlucken kann. In diesem Fall droht eine Aspirations-Pneumonie, das ist eine Lungenentzündung, die dadurch entsteht, dass eine Flüssigkeit in die Lunge eingeatmet wurde. Wie an anderer Stelle erwähnt, kann Götterspeise hilfreich sein, weil sie erst im Mund langsam zu einer Flüssigkeit schmilzt. Es gibt aber auch die Möglichkeit mit Andick-Pulver alle möglichen Getränke dickflüssiger zu machen. Auch Cremesuppen lassen sich besser schlucken, da sie langsamer fließen. Wer Süßes mag, dem kann man auch einen etwas dünneren Grießbrei oder Pudding anbieten. Wichtig ist, die Situation zu beobachten und aufzuhören, wenn der Kranke sich verschluckt.
Trinken in den letzten Stunden
Viele haben Angst davor, dass die sterbende Person verdurstet, weil sie nicht mehr in der Lage ist, zu trinken. Manchmal werden dann subkutane Infusionen angehängt, das sind Kochsalzlösungen, die durch eine Nadel langsam unter die Haut fließen und dort vom Körper aufgenommen werden. In Altenheimen wird das öfter bei alten Menschen praktiziert, die zu wenig trinken.
In den letzten Tagen und Stunden ist es meiner Erfahrung nach eher negativ, denn der Körper ist kaum noch in der Lage, die zugeführte Flüssigkeit aufzunehmen. Außerdem herrscht der Irrglaube, dass mit der Infusion das Durstgefühl gestillt wird. Das ist nicht der Fall. Viel hilfreiche ist es, den Mund und die Lippen mit Wasser zu befeuchten. Dafür gibt es spezielle Schaumstoffstäbchen, die man einfach in eine Flüssigkeit (Wasser oder etwas anderes, dass die kranke Person gerne mag) taucht und den vorderen Mundbereich (zwischen Lippen bzw. Wangen und Zähnen) damit befeuchtet. Man sollte vermeiden, tief ins Innere des Mundes zu kommen, da das bei manchen Würgereiz auslöst oder sie auf das Stäbchen beißen. Oft saugen die Kranken auch an den Schwämmchen und stillen so ihr Durstgefühl. Natürlich muss man vorsichtig sein, damit sich die Kranken nicht verschlucken.
Menschen auf dem letzten Weg haben oft eine Vorliebe für kalte Speisen und Getränke. Wenn gar nichts mehr schmeckt, ein kühles Joghurt kann doch noch Freude bereiten. Je nach Geschmack mit Frucht oder natur. Das gleiche gilt für kühlen Pudding. Kranke, die zu wenig trinken oder sich dabei öfter verschlucken, genießen manchmal einen Becher Götterspeise ohne Probleme. Das Dessert enthält fast nur Wasser und Zucker.
Hat jemand gar keinen Appetit mehr, empfindet er womöglich eine große Freude, wenn man ihm ein Schüsselchen mit zerkleinerten Eiswürfeln anbietet. Das muss nicht unbedingt nur gefrorenes Wasser sein. Auch Säfte, Cola oder andere Limonaden in Eiswürfelform oder gefrorene Früchte (besonders Ananas, da sie bei Mundtrockenheit den Speichelfluss fördert) werden oft dankbar angenommen. Wie bereits in einem anderen Artikel beschrieben, geht es hier nicht mehr um Ernährung, sondern um das sinnliche Erleben.
Wie oft hört man im Hospiz diesen Satz… Klar, Essen ist Leben. Wer nicht isst, der stirbt. Wobei die Vorstellungen, wie schnell jemand verhungert, sehr stark von der Realität abweichen. Ich habe Menschen erlebt, die drei Monate und mehr kaum noch Nahrung zu sich genommen haben.
Für besorgte Angehörige ist es schwer, die Appetitlosigkeit des Kranken zu akzeptieren gerade wenn es Tochter oder Sohn ist. Das war doch immer deine Leibspeise, sagt die enttäuschte Mutter, weil der Sohn vielleicht nur einen Löffel von der Lieblingssuppe ist. Oder der Ehemann löffelt den Pudding in den Mund seiner Frau, weil sie doch wieder auf die Beine kommen soll oder muss.
Ich erlebte Gäste, die nur ihrer Angehörigen zuliebe etwas gegessen haben. Hinterher litten sie unter Übelkeit oder mussten gar erbrechen. Solche gut gemeinten Aktionen können für den Kranken zu einer schweren Last werden. Auch wenn es schwerfällt, man sollte den Kranken überlassen, ob und was sie essen wollen. Denn sie wissen am Besten, was sie vertragen.
Was bedeutet Essen in der letzten Phase des Lebens?
Vielleicht sollte man erst einmal klarstellen, was es nicht heißt: Man isst in dieser Phase nicht mehr, um sich zu ernähren. Essen hat hier eine ganz andere Bedeutung. Es ist ein sinnlicher Genuss, manchmal ein Erinnern an frühere Zeiten. Noch einmal einen Burger essen mit Pommes und Ketchup. Aber dann werden doch nur ein oder zwei Bisse verzehrt. Schmeckt’s nicht? Doch, es war köstlich. Warum dann nur ein Häppchen? Es genügt, um noch einmal diesen Geschmack zu erleben, um sich an das Vergangene zu erinnern. Von außen gesehen vielleicht eine Enttäuschung für diejenigen, die sich die Mühe gemacht haben, das Essen zu besorgen. Für den Kranken ein sinnliches Feuerwerk.
Ich möchte noch einmal ganz dringend an alle Angehörigen appellieren, ihre Liebsten nicht unter Druck zu setzen, in den letzten Wochen und Tagen etwas zu essen, wenn sie keinen Appetit haben.