Ich mag nur, was kalt ist

Menschen auf dem letzten Weg haben oft eine Vorliebe für kalte Speisen und Getränke. Wenn gar nichts mehr schmeckt, ein kühles Joghurt kann doch noch Freude bereiten. Je nach Geschmack mit Frucht oder natur. Das gleiche gilt für kühlen Pudding. Kranke, die zu wenig trinken oder sich dabei öfter verschlucken, genießen manchmal einen Becher Götterspeise ohne Probleme. Das Dessert enthält fast nur Wasser und Zucker.

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Hat jemand gar keinen Appetit mehr, empfindet er womöglich eine große Freude, wenn man ihm ein Schüsselchen mit zerkleinerten Eiswürfeln anbietet. Das muss nicht unbedingt nur gefrorenes Wasser sein. Auch Säfte, Cola oder andere Limonaden in Eiswürfelform oder gefrorene Früchte (besonders Ananas, da sie bei Mundtrockenheit den Speichelfluss fördert) werden oft dankbar angenommen. Wie bereits in einem anderen Artikel beschrieben, geht es hier nicht mehr um Ernährung, sondern um das sinnliche Erleben. 

Du musst etwas essen, Schatz!

Du musst etwas essen, Schatz!

Wie oft hört man im Hospiz diesen Satz… Klar, Essen ist Leben. Wer nicht isst, der stirbt. Wobei die Vorstellungen, wie schnell jemand verhungert, sehr stark von der Realität abweichen. Ich habe Menschen erlebt, die drei Monate und mehr kaum noch Nahrung zu sich genommen haben.   

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Für besorgte Angehörige ist es schwer, die Appetitlosigkeit des Kranken zu akzeptieren gerade wenn es Tochter oder Sohn ist. Das war doch immer deine Leibspeise, sagt die enttäuschte Mutter, weil der Sohn vielleicht nur einen Löffel von der Lieblingssuppe ist. Oder der Ehemann löffelt den Pudding in den Mund seiner Frau, weil sie doch wieder auf die Beine kommen soll oder muss. 

Ich erlebte Gäste, die nur ihrer Angehörigen zuliebe etwas gegessen haben. Hinterher litten sie unter Übelkeit oder mussten gar erbrechen. Solche gut gemeinten Aktionen können für den Kranken zu einer schweren Last werden. Auch wenn es schwerfällt, man sollte den Kranken überlassen, ob und was sie essen wollen. Denn sie wissen am Besten, was sie vertragen. 

Was bedeutet Essen in der letzten Phase des Lebens?

Vielleicht sollte man erst einmal klarstellen, was es nicht heißt: Man isst in dieser Phase nicht mehr, um sich zu ernähren. Essen hat hier eine ganz andere Bedeutung. Es ist ein sinnlicher Genuss, manchmal ein Erinnern an frühere Zeiten. Noch einmal einen Burger essen mit Pommes und Ketchup. Aber dann werden doch nur ein oder zwei Bisse verzehrt. Schmeckt’s nicht? Doch, es war köstlich. Warum dann nur ein Häppchen? Es genügt, um noch einmal diesen Geschmack zu erleben, um sich an das Vergangene zu erinnern. Von außen gesehen vielleicht eine Enttäuschung für diejenigen, die sich die Mühe gemacht haben, das Essen zu besorgen. Für den Kranken ein sinnliches Feuerwerk. 

Ich möchte noch einmal ganz dringend an alle Angehörigen appellieren, ihre Liebsten nicht unter Druck zu setzen, in den letzten Wochen und Tagen etwas zu essen, wenn sie keinen Appetit haben.